Bundespolitik

Revision des Energiegesetzes hebelt die Gemeindeautonomie aus

von aNR Hans Egloff

Präsident HEV Schweiz

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Anfang Februar 2022 eröffnete der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren für die Änderung des Energiegesetzes. Der Entwurf sieht vor, die Produk-tion von erneuerbarem Strom in der Schweiz zu beschleunigen. Dazu sollen erstens die Planungs- und Genehmigungsverfahren für grosse Wasser- und Windkraftanlagen beschleunigt werden und zweitens soll auch die Entwicklung von Solaranlagen forciert werden – und zwar durch Investitionen in Solaranlagen, die bei Neubauten ebenfalls steuerlich abgezogen werden könnten. Der Bundesrat will in diesem Zusammenhang auch wissen, ob die Verpflichtung zur Nutzung von Solarenergie bei geeigneten Neubauten in Verbindung mit der vorgeschlagenen Steuererleichterung auf Zustimmung stösst. Da Immobilien-eigentümer von diesen Änderungen betroffen sein würden, hat der HEV Schweiz eine Stellungnahme zur Gesetzesänderung mit Fokus auf die folgenden Punkte abgegeben:

Bürgernahe Nutzungsplanung

Die Energiestrategie 2050, die das Netto-Null-Ziel auch im Gebäudebereich vorsieht, wurde vom HEV Schweiz stets mitgetragen. Doch der Ausbau der erneuerbaren Stromanlagen darf nicht um jeden Preis erfolgen. Die Vorlage sieht nämlich vor, rechtsstaatliche Prinzipien wie die Wahrung der Gewaltenteilung – die Unabhängigkeit der Gerichte in ihrer Entscheidungsfindung – sowie die Gemeindeautonomie auszuhebeln. Das wäre verfassungswidrig. Die Gemeinden würden ihre Planungskompetenz verlieren, und sie dürften nicht mehr gegen ein grösseres Bauprojekt einer erneuerbaren Stromanlage, wie beispielsweise ein Wasser- oder Windkraftwerk, Einsprache erheben. Dies, obwohl die Gemeinde und somit ihre Bewohner am stärksten davon betroffen wären. So müssten auch Immobilieneigentümer eine Einschränkung des Instanzenzugs bei Einsprachen in Kauf nehmen. Die heutige Regelung ist richtig, denn die Nutzungsplanung der Gemeinden ist näher bei den Bürgern. Deswegen lehnt der Verband die Vernehmlassungsvorlage in dieser Hinsicht ab.

Anreize statt Vorschriften

Auch die Änderungen im Raumplanungsgesetz betreffend den Bau von Solaranlagen lehnt der HEV Schweiz in seiner Stellungnahme ab. Bauvorschriften und die Regelung des Baubewilligungs-/ und Meldeverfahrens in der Bauzone liegen in der Zuständigkeit der Kantone. Die Ziele der Energiestrategie 2050 sollen durch Anreize erreicht werden. Aus diesem Grund stimmt der HEV Schweiz der vorgesehenen Steuerentlastung beim Bau von Photovoltaik-Anlagen auf geeigneten Neubauten zu. Der Bau von Wohneigentum untersteht jedoch bereits vielen Vorgaben und Vorschriften. Deshalb würde eine Pflicht zur Nutzung von Solarenergie auf geeigneten Neubauten klar die Eigentumsrechte der Immobilieneigentümer verletzen und kann – auch in Kombination mit der vorgeschlagenen steuerlichen Entlastung – vom HEV Schweiz nicht mitgetragen werden.

«Eine Pflicht zur Nutzung von Solarenergie würde ganz klar die Eigentumsrechte der Immobilien-eigentümer verletzen.»