Wohntextilien

Gut gerahmt

Wohntextilien Weiss und Ecru sind passé: Die neuen Gardinen überzeugen nicht nur mit Farbe und Print, sie werden auch immer nachhaltiger – dank Materialien wie Hanf.

von Andrea Eschbach

Journalistin, Zürich

Nachhaltige Textilien sind die neuen Stars im Zuhause. Naturfasern wie Wolle, Hanf, Lyocell und recycelter Polyester sind nicht nur ressourcenschonend, sondern auch angenehm in der Haptik. Viele Hersteller nehmen dieses Thema auf. So auch das St. Galler Textilunternehmen Christian Fischbacher, das gemeinsam mit dem italienischen Innenarchitekten Giuliano Andrea dell’Uva eine elegante, die Schönheit der Natur zelebrierende Capsule Collection präsentiert. Die Stoffe werden grösstenteils aus dem nachhaltigen Material Hanf hergestellt – einem natürlichen, biologisch abbaubaren, hypoallergenen und langlebigen Material. Die Stoffe «Capri Palazzo a Mare» greifen den Vintage-Glamour Capris auf und begeistern mit einem kühnen Rautenmuster, zeitlosen Streifen und einem klassisch nautischen Design. Besonders auffällig sind die weissen Umrisse der Rauten, die einen seilartigen, fast dreidimensionalen Effekt erzeugen.

Ressourcenschonende Materialien

Auch die Stoffe der «Monotypes»-Kollektion von Kvadrat bestehen aus Hanf, Wolle, Lyocell oder recyceltem Polyester. Die Farben der Stoffe umfassen helle Lichtschattierungen und klare zarte Töne, die Wasser und Luft assoziieren. «Open» beispielsweise ist ein natürlich lebendiger Unistoff, der wie handgewebt wirkt. Durch die Verwendung von Hanf bei der Komposition kommt die leichte Unregelmässigkeit der wechselnden Garne zum Vorschein und betont den spezifischen Charakter und Griff des Materials. Kühle Grautöne und helle Schattierungen unterstreichen die Weichheit, während Akzente von sattem Grün und tiefem Blau Frische vermitteln.

Brandneu präsentierte das dänische Unternehmen gerade «Multiply»: Die Kollektion aus insgesamt 16 Vorhängen – in Zusammenarbeit von Kreativdirektorin Isa Glink und der französischen Designerin Inga Sempé entwickelt – umfasst lebhafte Unis sowie raffinierte grafische Designs. Matte Materialien wie Papier und Leinen wirken puristisch und klar, während recycelte Seide und schimmerndes Tencel Details in Textur und Farbe hervorheben. Bei der Serie «Sketches» erinnern die subtilen Wechselwirkungen zwischen Oberflächen, Garnen und Strukturen an die filigranen Zeichen- und Pinselstriche in Inga Sempés Entwürfen. Auch der deutsche Hersteller Saum & Viebahn setzt auf Schonung der Ressourcen. Der für die «Recycle»-Kollektion verwendete Polyester benötigt bei der Herstellung 2 / 3 weniger Energie und 90 % weniger Wasser und weist dabei die gleiche Haltbarkeit und Langlebigkeit auf wie konventioneller Polyester. Entstanden ist ein Gardinen-Set aus vier unterschiedlich dichten Unis mit weich fliessendem Griff, natürlich frischen Farben und spannenden Strukturen.

Botanische Prints im Trend

Die neuen Textilien üben sich nicht gerade in Zurückhaltung; unauffälliges Weiss ist passé. Stattdessen setzt man auf grosse und detaillierte Botanikmuster – je üppiger die Blumen- und Blütenpracht, desto besser. Dabei sind sowohl kräftig knallige Farben als auch dezente Naturtöne im Trend. Ein besonders schönes Exemplar findet sich im Portfolio des Langenthaler Textilherstellers Création Baumann: Das Paneel «Eden» besticht mit einem floralen, stilisierten Scherenschnitt. Der deutsche Hersteller JAB Anstoetz zeigt den Stoff «Rosalia» – ein üppig mit Blüten und Ranken bestickter Baumwollstoff. Rote Blumen in XL präsentiert auch die Capsule-Kollektion «100 Patterns in 100 Days», die das St. Galler Unternehmen Christian Fischbacher mit der malaysischen Künstlerin Rebecca Duckett-Wilkinson entworfen hat. Exotisch sind die neuen Stoffe des deutschen Unternehmens Sahco: Der Jacquardstoff «Otori» ist von japanischen Miniaturen auf Textilien und traditionellen Kimonos inspiriert. Lotusblüten und -blätter, ruhende oder fliegende Reiher schimmern auf der Satinoberfläche. Die Farben sind gekonnt kombiniert: Himbeerrosa mit Orange, Silber mit Creme und Perlweiss mit Eisgrau. Ein weiteres Highlight der neuen Kollektion, die von Creative Director Bengt Thornefors entworfen wurde, ist der Stoff «Vivus», der immer wieder neue Sujets – wie Schmetterlinge, Blumen oder Früchte – enthüllt.

Steine und Schrift

Gardinen mit grossflächigen abstrakten Prints oder geometrischen Mustern bleiben weiterhin im Trend. Sie sind ein einfaches Mittel, um einen Raum lebendiger zu gestalten. So hat der Hersteller Nya Nordiska den Stoff «Keno» im Programm, der an vom Meer umspülte Steine erinnert. Der mit Bouclé-Garn gewebte Kettdruck spielt reizvoll mit dem Kontrast zwischen matter, naturweisser Oberflächenstruktur und sanft glänzendem, farbigem Fond. Dieser variiert jeweils fünf gedeckte Sand- und Meereskolorits in unterschiedlichen Intensitäten, wie sie durch die Lichtbrechung von Wasser entstehen. Die Garnkörnung verleiht dem beidseitig einsetzbaren Dekostoff seine an feinen Sand erinnernde Haptik und Optik, die im Gegenlicht besonders markant wirkt. Zwei simple geometrische Formen prägen dagegen den Vorhangstoff «Framings» des deutschen Herstellers Zimmer + Rohde. Quadrat und Streifen formieren sich zu einem grosszügigen Karo-Muster. Der rechte Winkel wird durch die Unregelmässigkeit des Designs und die leicht versetzte Anordnung der Flächen raffiniert unterbrochen und verleiht dem plakativen Design ein rhythmisches Spiel. Durch die aufwendige Kombination von Jacquard-Musterung und Stickerei entsteht zudem eine ausdrucksstarke Relief-Wirkung. Création Baumann setzt in der neuen Kollektion «Forever Young» auf das Thema Schrift und Graffiti. Beim Vorhangstoff «Poem» wirkt eine abstrahierte Schrift als sehr aufwendige Stickerei mit zwei Garnen und dezenter Farbpalette elegant und leichtfüssig. Der Artikel «Diary» dagegen interpretiert das Thema Schrift anhand der Jacquard-Webtechnik und setzt ein starkes Statement im Raum. Ein Evergreen sind Streifen: Bei «Studio» von Saum & Viebahn kreieren vertikale, grossflächig gemalte Aquarellstreifen das grafische Design. Die Überlappung der Motive erzeugt ein spannendes Farbzusammenspiel.

Aber auch asymmetrische Muster sind derzeit angesagt. Das britische Textillabel Villa Nova setzt dabei auf die Kombination einer Farbe in zwei Nuancen: Der samtige Velours «Pico» wirkt umso raffinierter, als er eine dunklere Nuance desselben Unistoffs im unteren Vorhangteil verwendet. Ob Streifen, Graffiti oder Blüten: Die neuen Vorhänge und Gardinen setzen Fenster stilvoll in Szene.

 

«Die Verbindung von Design und Funktionalität gewinnt immer mehr an Bedeutung»

 

Zu welchen Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit sich der Langenthaler Textilhersteller Création Baumann verpflichtet hat, und welche Tendenzen in der Branche erkennbar sind: das Interview mit CEO Philippe Baumann.

Der Schweizerische Hauseigentümer: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und Umwelt in Ihrem Unternehmen?

Philippe Baumann: Schon seit der Firmengründung von Création Baumann vor über 130 Jahren stehen Nachhaltigkeit und die Bedürfnisse von Mensch und Umwelt bei uns im Mittelpunkt. Dabei setzen wir vor allem auf die Langlebigkeit unserer Produkte, auf Klimaverträglichkeit und Kreislauffähigkeit. Dadurch, dass wir den bedeutenden Anteil unserer Produktionsprozesse vor Ort in Langenthal gebündelt haben, können wir nachhaltige Massnahmen gezielt einbringen, steuern und weiterentwickeln. Vor allem Recycling-Prozesse spielen in einem Textilunternehmen natürlich eine grosse Rolle, weshalb wir das Recycling auf allen Stufen der Produktionskette fördern und beständig weiterentwickeln.

Was bedeutet das konkret?

Um die Auswirkungen auf das Klima so gering wie möglich zu halten, investieren wir gezielt in unterschiedliche Lösungen, die alle Unternehmensbereiche umfassen. Dazu gehört die Reduktion von CO2 und die Förderung von erneuerbaren Energien ebenso wie ökologischere Produktionsprozesse und die Rückgewinnung von Kühlwasser. Ausserdem setzen wir auf Langlebigkeit. Unsere Textilien müssen den höchsten Qualitätsanforderungen genügen und sollen so lange wie möglich verwendet werden können, damit die genutzten Ressourcen effizient eingesetzt werden. So können wir die Umweltbelastungen auf ein Minimum reduzieren.

Stichwort lokale Produktion: Werden all die unterschiedlichen Textilien in Langenthal gewoben?

In unserem eigenen Werk in Langenthal bündeln wir alle Schritte der Produktionskette, von der Produktentwicklung über das Design bis hin zur Produktion. Wir produzieren den grössten Teil unserer Produktpalette direkt hier vor Ort; und das in einer Zeit, in der besonders die Textilbranche überall auf der Welt kostengünstig produzieren lässt. Aktuell produzieren wir über 50 % aller Textilien direkt in der Schweiz. Der Rest wird grösstenteils in Europa hergestellt. Für uns hat die Produktion direkt bei uns im Haus bedeutende Vorteile: Wir haben alle Produktionsstufen im Blick und können unsere technologische Kompetenz hier vor Ort einbringen, Prozesse steuern und wenn nötig verändern. Das ist vor allem unter nachhaltigen und qualitativen Aspekten ein wichtiger Faktor für uns.

Welche Tendenzen sehen Sie bei textilen Lösungen?

Wir sehen aktuell, dass die Verbindung von Design und Funktionalität immer mehr an Bedeutung gewinnt. Neben ihrer gestalterischen Funktion übernehmen Textilien zunehmend weitere technologische Lösungen in der Raumgestaltung. Durch die vermehrte Tendenz zum Homeoffice spielen zum Beispiel Akustiklösungen auch im Privatbereich eine immer grössere Rolle. Die besonderen Eigenschaften von Akustikstoffen oder -paneelen ermöglichen es, die Raumakustik gezielt zu verändern, so dass Räume besser und vielseitiger genutzt werden können. Das hat einen ganz konkreten Einfluss auf unseren Alltag und unser Wohlbefinden. Ein anderes Beispiel sind Beschattungslösungen. Diese können gerade auch im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit einen Beitrag dazu leisten, Ressourcen zu schonen. Und auch im Gesundheitsbereich kommen Textilien vielseitige Funktionen zu, die sowohl ein besonderes Design als auch spezifische Zusatznutzen erfordern. Health-Care-Textilien sind deshalb ein weiterer Bereich, den wir im Blick haben.

Was ist für Sie das Besondere an der neuen Kollektion «Forever Young»?

Mit «Forever Young» haben wir eine kontrastreiche und expressive Textilkollektion für das private Zuhause entworfen, die mit einem Augenzwinkern verschiedene Themen von Jugendkulturen aufgreift. Vor allem Denim und Schrift ziehen sich als Motive durch die Kollektion. Wir wollten eine Kollektion kreieren, die einerseits ungewöhnliche Farbakzente setzt, andererseits mit natürlichen Farben und Strukturen leichte Frische verspricht. Statement-Textilien wie «Diary», die das Thema Schrift mittels Jacquard-Webtechnik interpretieren, werden begleitet von Uni-Stoffen in einer natürlichen Farbpalette und technisch aufwendigen Highlights wie dem Paneel «Eden» mit seinem floralen, stilisierten Scherenschnitt, der durch Laserverfahren erzielt wird.

Das Interview führte Andrea Eschbach, Journalistin, Zürich