Garten und Terrasse

Sonnenstand und Schattenwurf im Jahresverlauf

Terrasse Zur warmen Jahreszeit gehören gemütliche Stunden auf der Terrasse. Sonnenschirme, Storen und Markisen sollen dabei für den nötigen Schatten sorgen. Aber schützen uns solche Vorrichtungen wirklich ideal vor der Hitze?

von Tobias Franzke

Silvedes AG, Brütten

Wie beim Architekturentwurf für ein Haus geht der erste Blick eines versierten Aussenraumplaners auf die Windrose respektive den Nordpfeil. Entscheidend für den Wohlfühlfaktor der Bewohner ist die Ausrichtung einer Liegenschaft mit den im Jahresverlauf variierenden Lichteinfallswinkeln. Was bei der Erstellung und Einrichtung der Innenräume gilt, ist für den Aussenbereich mindestens ebenso wichtig. Tendenziell werden Gebäude hierzulande nach Süden ausgerichtet und mit viel Glas versehen, um lichtdurchflutete Wohnräume zu schaffen. In den Sommermonaten, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, ist je nach Raumhöhe ein Dachvorsprung von ein bis zwei Metern Gold wert. Während der Mittagsstunden mit höchstem Sonnenstand und steiler Sonneneinstrahlung werden dadurch die Glasflächen schattiert und die Wohntemperatur bleibt deutlich angenehmer – ohne dass Lammellenstoren ganztags den Wohnraum verdüstern und die Aussicht blockieren. Im Winter zieht die Sonne deutlich tiefer übers Firmament und die Strahlen reichen trotz eines Vordaches bis weit in die Räume.

Storen und Markisen gegen die Hitze?

Vielen Architekten ist das Hitzeproblem des Sommerhalbjahres durchaus bewusst, und so werden grossflächige Sonnenstoren eingeplant. Das ist gut gemeint – nur leider wie so häufig das Gegenteil von gut. Je grösser automatische Storen dimensioniert werden, desto früher müssen sie sich bei Luftbewegungen zurückziehen. Den grossflächigen Segeln befiehlt der Windwächter vielfach schon bei geringen Windgeschwindigkeiten den Rückzug, sodass Fassade und Bewohner wieder der prallen Sonne ausgeliefert sind. Zudem werden die Markisen meist nur dann ausgefahren, wenn die Besitzer zu Hause sind. Die Terrassenfläche hat sich dann bereits den ganzen Tag hindurch kräftig aufgeheizt. Und nicht nur die Bodenplatten nehmen die Hitze auf – der Storenstoff und die Konstruktion der Schattierung werden ebenfalls heiss – die Wärmestrahlung von oben bleibt. Unter den Stoffbahnen staut sich die heisse Luft, und der Aufenthalt auf der Terrasse wird unangenehm.

Werden mehrere Markisen aneinandergereiht, bleibt dazwischen ein störender Spalt, der im Tagesverlauf lästig über die Terrasse wandert. Loungebereiche oder der Esstisch im Freien werden eher in der zweiten Tageshälfte oder gegen Abend genutzt. Befindet sich der südlich ausgerichtete Essplatz direkt unter den Sonnenstoren, scheint am Nachmittag und am Abend die tiefer stehende Sonne den Speisenden direkt ins Gesicht. Wer möchte schon an einem heissen Sommertag beim Abendessen in der Sonne sitzen? Als Notnagel kann ein senkrechter Volant am Markisenende angebracht werden – Aussicht adieu. Und seitlich zündet immer noch die Abendsonne auf den Essplatz.

Natürliche Schattenspender

Die allerbeste Lösung gegen die glühende Hitze bietet die Natur. Wer schon einmal das Blatt eines Baumes in der vollen Sonne berührt hat, der weiss, dass sich dieses nicht einmal warm anfühlt. Jeder schätzt an einem heissen Sommertag die wohltuende Erfrischung eines Waldspaziergangs. Die Verwendung von Bäumen nahe am Haus oder auf der Terrasse ist kein einfaches Unterfangen – mit dem richtigen Know-how aber sehr gut möglich. Entscheidend ist die Wahl der richtigen Arten und deren durchdachte Platzierung. Ungeeignet sind schnell wachsende Baumriesen wie beispielsweise Platane oder Bergahorn. Diverse Kleinbäume eignen sich aber bestens als Markisenersatz und für die dauerhafte Kultur in Gefässen. Während Sonnenstoren standardmässig einfach über den Fenstern angebracht werden und den Schatten allzu oft an den falschen Ort werfen, können Terrassenbäume mit Bedacht situationsbezogen platziert werden. Der Planer legt sein Augenmerk dabei auf die verschiedenen Sonnenstände im Jahresverlauf (siehe Infobox). Während die Frühlings- und Herbstsonne durchaus willkommen ist, sollen Lounge- und Essbereiche in den Sommermonaten vom kühlenden Schatten der Bäume profitieren. Durch das organische Wachstum ist ein Baum nicht statisch wie ein Sonnensegel. Von professioneller Gärtnerhand geformt kann er genau die gewünschten Orte schattieren. Die Schirmform lässt dabei die Aussicht in die Weite frei und das üppige Grün im Überkopfbereich schafft ein natürliches Wohlfühlambiente.

Perfektes Timing beim Sonnenschutz

Entsteht im April zum ersten Mal das Gefühl, man müsse den Sonnenschirm aufspannen, entfaltet der Baum seine Blätter und bietet angenehmen Schatten. Freut man sich im Oktober an den wärmenden Strahlen der Herbstsonne, stösst der Baum nach einem spektakulären Farbenfeuerwerk sein Laub ab und lässt den ganzen Winter hindurch die Sonnenstrahlen in die Wohnräume. Die Solarenergie wärmt zusätzlich den Innenraum, reduziert Heizkosten und hebt die Stimmung. Im Sommer sinkt der Energieverbrauch für die Kühlung – dank der natürlichen Verdunstungskälte der grünen Schattenspender. Bei der Planung der Aussenbereiche darf also durchaus in Betracht gezogen werden, dass der ökologische Klimaregulator Baum die deutlich bessere Wahl ist, als überdimensionierte Storen und windanfällige Sonnenschirme. Und nicht zuletzt ist Grün besonders gut fürs Gemüt.

 

 

Sonnenstände im Jahresverlauf

Die Unterschiede von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang zwischen Sommer und Winter in unseren Breiten sind enorm. Leicht wahrnehmbar ist die Differenz der Tageslänge, die kurz vor Weihnachten nur gut acht Stunden beträgt und sich zur Sommersonnenwende auf bald 16 Stunden beläuft. Für den Schattenwurf ist die Himmelsrichtung von aufgehender und vor allem untergehender Sonne in den wechselnden Jahreszeiten von grosser Bedeutung. Die Position des Sonnenuntergangs unterscheidet sich hierzulande von Sommer zu Winter immens – um stattliche 70 Grad. Während die Wintersonne im Südwesten untergeht, verschwindet sie gegen Ende Juni im Nordwesten. Hinzu kommt, dass unser Zentralgestirn im Winter um den Mittag mit nur etwa 20 Grad sehr flach über dem Horizont steht, im Hochsommer mit knapp 70 Grad aber beinahe den Zenit erreicht.

Terrassengestaltung

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