Inneneinrichtung

Ins rechte Licht gerückt

Inneneinrichtung Die neuen Leuchten wollen vor allem eines – ein behagliches Ambiente schaffen. Autorin Andrea Eschbach hat sich für Sie auf den Messen in Mailand, Köln und Kopenhagen unter den Neuheiten umgeschaut.

von Andrea Eschbach

Journalistin, Zürich

Nachdem jahrelang technische Raffinessen gefeiert wurden, kehren Wohnlichkeit und Wärme zurück ins Leuchtendesign. Dabei stehen die verwendeten Materialien im Fokus der Gestaltung.

Die Neuzugänge unter den Leuchten bestechen mit haptisch und ästhetisch ansprechenden Materialien und innovativen Fertigungsmethoden. Ein Klassiker im Leuchtendesign ist Glas. Der tschechische Hersteller Lasvit präsentierte die Kollektion «Miles» von Yabu Pushelberg. Das amerikanische Designstudio liess sich dabei von den Parallelen zwischen dem Musizieren und dem Glasblasen inspirieren. Bei den Steh- und Hängeleuchten beherbergen reduzierte Aussengehäuse die geschwungenen und elegant geriffelten, wie ein Horn geformten Glaselemente im Inneren. Die hohe Kunst des Glasbläserhandwerks feiert auch die Tischleuchte «Souffle d’Hermès». Für die französische Luxusmarke entwarf der finnische Designer Harri Koskinen LED-Tischleuchten, deren mundgeblasene massive Glaskuppeln in verschiedenen Farben schimmern. Handgeschliffenes Glas spielt die Hauptrolle bei der Hängeleuchte «Bamboo Forest». Fumie Shibata liess sich beim Entwurf für das tschechische Label Brokis von den vertikalen Linien der Bambuswälder inspirieren. Das Glas bildet einen Bambushalm mit dem typischen Knotenring, an dem sich das Material verdichtet.

Auch Holz ist nach wie vor beliebt im Leuchtendesign: Der deutsche Designer Christian Haas beispielsweise hat für ClassiCon die reduzierte Tischleuchte «Forma» aus Eschen- und Nussbaumholz entworfen. Der Körper dieser skulptural wie auch wohnlich anmutenden Neuinterpretation einer klassischen Schreibtischleuchte wird komplett aus Massivholz gefräst. Auf Holz setzt auch der Münchner Hersteller Ingo Maurer – wie gewohnt in spielerischer Weise: Inspiriert vom Geschicklichkeitsspiel Mikado formieren sich bei der Leuchte «Pic-a-stic» lange, farbige Stäbe aus Holz zum Designobjekt. Sie werden rund um den Leuchtkörper angeordnet und von einem flexiblen, schwarzen Gummiring gehalten. Die Position der Stäbe kann so stets verändert werden, und jeder Besitzer kann mit wenigen Handgriffen selbst ein individuelles Lichtobjekt gestalten.

Keramik und Lycra

Neben Holz und Glas kommen zunehmend auch Keramik und Porzellan zum Einsatz – ein Trend, den man auch im Möbeldesign beobachten kann. Andrea Anastasio hat mit «Fregio» für den italienischen Hersteller Foscarini eine Wand- und Hängeleuchte entworfen, bei der konstruktive Mechanik auf ein verspieltes Blumenrelief in glasierter Keramik trifft. Dafür arbeitete der Designer eng mit der historischen Werkstatt Gatti in Faenza zusammen. Das florale Flachrelief ist eine Reminiszenz an die Basrelief-Paneele in venezianischen Häusern und Palästen. Aus Keramik ist auch der neue Entwurf von Ronan Bouroullec für Flos. «Bei Keramik geht es um Begehren, um Sinnlichkeit», erklärt der französische Designer. «Ich denke, dass sich meine Arbeit immer mehr in diese Richtung bewegt; ich produziere Objekte, die natürlich funktional sind, aber auch eine Art Eleganz und Vergnügen suchen.» Die elegante Tischleuchte «Céramique» – erhältlich in Farben wie Orange, Blau und Grün – ist mit einer bleifreien kristallinen Lackierung versehen.

Sinnlichkeit versprühen auch Modelle mit textilen Leuchtenschirmen. Mit dem Material Lycra experimentierte die junge Designerin Meike Harde. Die Leuchtenserie «Knit» für den spanischen Hersteller Vibia besteht aus einem gestrickten Lycraüberzug, der sich um eine scheinbar abgeflachte Kugel legt. Durch den Stoff strömt das Licht nach aussen und durch den transparenten Diffusor nach unten, was den umgebenden Raum in einen sanften Schein hüllt. Der Bezug ist anhand der sogenannten Plattiertechnik, die sonst bei Sportkleidung zum Einsatz kommt, in Rippen gestrickt.

Inspiration Japan

Foscarini präsentierte mit «Pli» eine Pendelleuchte, bei der die Lichtquelle zur tragenden Struktur wird. Sie wird wie eine Nadel durch ein dünnes Blatt geführt und erzeugt eine Reihe weicher Falten, Drapierungen und Wellen. Der Entwurf stammt aus der Feder von Felicia Arvid, einer jungen dänischen Designerin. Die Leuchte ist in Holz oder Papier erhältlich. Leuchten mit Papierschirmen finden schon seit Jahrhunderten in Japan Verwendung. Eine Neuinterpretation ist die Pendelleuchte «N-PL01» von Norm Architects für Karimoku. Der traditionell gefertigte Lampenschirm greift den sanften Minimalismus der japanischen Marke mit seinen ruhigen Farbnuancen auf. Der Boden der Leuchte ist mit einem einzigen Stück Washi-Papier bedeckt, das von Magneten gehalten wird. Die Leuchte ist Teil der «Archipelago»-Kollektion, die ihre Heimat in einem Sommerhaus an der Schärenküste Schwedens hat. Eine gelungene Verbindung beider Welten – der nordischen Bautraditionen und der japanischen Sensibilität für Ästhetik und Handwerkskunst.