Meier meint

Wo sind sie?

von Markus Meier

Direktor HEV Schweiz

«Wo sind all die Indianer hin?» Das ist die erste Zeile eines Hitsongs der deutschen Band «Pur» aus dem Jahr 1993. Ich habe aber nicht im Sinn, über Amerikas Ureinwohner zu schreiben. Es geht mir vielmehr darum, wo denn all unsere beruflichen Fachkräfte hin sind. An diesen mangelt es zurzeit an allen Orten bzw. in allen Betrieben. Gastronomie, Pflegeberufe, Lehrpersonal, Flugpersonal, technische Berufe: die Liste liesse sich problemlos weiter fortsetzen. Fachkräfte fehlen überall. Die unbeantwortete Frage ist, wo denn all das Fachpersonal in den Pandemiejahren hingegangen ist. Denn der Rückgang ist ganz sicher nicht allein der zunehmenden Pensionierungsrate der Babyboomer-Jahrgänge geschuldet.

Klar, «personelle Nachschubprobleme» kannten wir schon vor Covid-Zeiten. Aber so krass, wie sich die Situation aktuell präsentiert, war sie noch nie. Allein in den Gastroberufen sind momentan über 13 000 Stellen ausgeschrieben. Infolge Personalmangels müssen Betriebe ihre Angebote oder gar ihre Öffnungszeiten einschränken – oder sie machen gleich ganz dicht. Nun rächt sich die übertriebene Akademisierung unserer Gesellschaft, verstärkt durch den Wunsch der Eltern, dass es ihre Kinder einmal besser haben sollten, und dass die Kinder mit dieser Zielsetzung ein Studium absolvieren sollen.

Vor einigen Tagen durfte ich an der 125-Jahr-Jubiläumsfeier eines Schweizer Familienbetriebs teilnehmen. Eine Firma mit rund 700 Angestellten, die als Marktleaderin sehr erfolgreich im Bauzulieferbereich unterwegs ist. An die anwesenden Politiker gerichtet, forderte der Unternehmensleiter, dass die Berufsbildung mehr gefördert werde. Die «Durchlässigkeit nach oben» und die «Passerellen» zwischen den verschiedenen Bildungswegen müssten noch mehr Karrierechancen ermöglichen. Und an alle Eltern in diesem Land appellierte er, dass sie die attraktiven Möglichkeiten einer handwerklichen Grundausbildung mit den sich anschliessend bietenden Weiterbildungsmöglichkeiten erkennen und ihren Kindern empfehlen, statt verwehren mögen. Handwerk hatte und habe goldenen Boden, und es werde diesen auch weiterhin haben. Schon in naher Zukunft mehr denn je. Wer denn sonst soll den allseitig verlangten technologischen Wandel in der Praxis umsetzen, wenn nicht die dazu ausgebildeten Fachleute?

In einer Zeit, in der ein sich seit Langem abzeichnendes Problem zum chronischen Schmerz geworden ist, ist diesen nachvollziehbaren Worten kaum zu widersprechen.

«Wer sonst soll den technologischen Wandel in der Praxis umsetzen, wenn nicht die dazu ausgebildeten Fachleute?»