Ausflüge

Symphonie in Grün entlang des Doubs

Westschweiz Wer per Kanu auf dem Doubs von Goumois nach Soubey fährt, paddelt 10 Kilometer durch Frankreich, 5 Kilometer durch die Schweiz und auf der ganzen Strecke in üppiger grüner Natur.

von Üsé Meyer

Journalist

«Non, non... c’est pas dangereux», beschwichtigt uns unser Guide, von allen aufgrund seiner Körpergrösse nur «Le Longue» genannt. Unser Gespräch dreht sich um eine scheinbar etwas anspruchsvollere Passage, die wir mit unseren Kanus auf der Tour von Goumois nach Soubey werden überwinden müssen. «C’est délicat!», fügt der 64-Jährige an. Aber meint er nun «délicat» im Sinne von «zart» oder von «heikel»? Das fragen wir uns, am Ufer des Doubs in Goumois stehend. Bald werden wir es wissen.

Das Dörfchen Goumois gehörte einst zu Frankreich, bevor der Ortsteil am rechten Ufer des Doubs vom Wiener Kongress 1815 der Schweiz zugeschlagen wurde. Seither teilen sich die beiden Ortsteile ihre Infrastruktur: Die Dorfkirche etwa steht auf der französischen Seite, während sich die Schule auf Schweizer Boden befindet. Eine weitere Besonderheit ist, dass hier – aufgrund kompliziert ausgehandelter Hoheitsrechte der Mächtigen – die Landesgrenze nicht wie sonst üblich in der Flussmitte verläuft, sondern am rechten Ufer – der Doubs gehört also ganz zu Frankreich, bis zum Punkt «Clairbief», wo er die Schweizer Grenze überquert.

Wenn Landratten nass werden

Die Strömung beträgt heute 13 m3 / s, was optimal ist, wie «Le Longue» sagt. Wir werden unsere Paddel kaum zum Antrieb brauchen – mehr zum Steuern. Letzteres ist anfänglich gar nicht so einfach: Auf dem ersten Kilometer sind unsere Kanus etwas im Zickzack-Kurs unterwegs und vollführen dann und wann eine Pirouette. In kleineren Stromschnellen schwappt das kalte Wasser auch mal über den Kanurand. «Eh oui, ça c’est normal – on fait de canoe», lacht «Le Longue» die kreischenden Landratten aus. Meist geht es aber gemächlich vorwärts, und für einige Zeit begleitet uns ein Fischreiher. Immer mal wieder steht ein Fischer bauchtief im Wasser und lässt seine Angelschnur über das Wasser sausen. Der Doubs sei ein international beliebtes Anglerziel, erklärt uns «Le Longue». Das verwundert uns etwas. Denn vor knapp zehn Jahren titelte das Magazin «Beobachter» noch: «Fischsterben: Der Doubs ist praktisch tot». Wasserkraftwerke, Landwirtschaft, Industrie und Klärwasser würden dem Fluss arg zusetzen. Es sei besser geworden, versichert unser Guide. Was man über diese Gegend jedoch auch überall lesen kann, sind Beschreibungen im Superlativ: Etwa «zweifellos einer der schönsten Flüsse der Schweiz», «zauberhafte Landschaft» oder «einzigartige Ursprünglichkeit». Und es stimmt. Auch wir staunen über diese «Symphonie in Grün», in der wir uns befinden: Die üppige grüne Uferböschung spiegelt sich auf der hellgrünen Wasseroberfläche, links und rechts ziehen sich dunkelgrüne Wälder die steilen Hänge hoch – die einzigen andersfarbigen Akzente sind die weissen Felsbänder, die hie und da aus dem Wald aufragen und der blaue Himmel über uns. Dann beendet ein fernes Rauschen unser Staunen.

Besuch von der Pferdefamilie

Wir befinden uns kurz vor der vom Guide als «délicat» beschriebenen Stelle. Der Doubs überwindet hier eine natürliche Schwelle. Wir müssen ganz links halten und uns einen knapp zwei Kanus breiten Durchgang hinunterstürzen. Die Spitze des Kanus schiebt sich über die Schwelle in die Luft, das Kanu kippt nach unten, wird schneller, die Kanuspitze taucht unter und voilà: pflotschnasse Hosen. Ein Blick zurück: Absolut lächerlich! Von hier unten sieht die Stelle völlig harmlos, total unspektakulär aus. Gleich danach gehen wir auf der französischen Seite an Land und gönnen uns ein feines Mittagessen im direkt am Fluss gelegenen Restaurant.

Gluckernd stechen daraufhin unsere Paddel wieder ins Wasser. Ein Eisvogel verfolgt uns – immer wieder erhaschen wir im Ufergebüsch einen Blick auf sein metallisch blau glänzendes Gefieder. Hoch über uns ziehen drei Mäusebussarde ihre Kreise und vor uns haben sich zwei Fischreiher in den höchsten Wipfeln der Bäume niedergelassen. Je nach Breite des Flusses geht es mal gemächlich, mal zügig voran. Dann rauscht es erneut. Wieder ist eine kleine Schwelle zu bezwingen, unterhalb derer wir kurz an Land gehen, um das Wasser aus den Kanus zu leeren. Eine neugierige Pferde-familie vom nahe gelegenen Hof kommt zu Besuch – Eltern und Fohlen beschnuppern uns und die Kanus, bevor sie sich am Wasser des Doubs laben.

Die Sonne heizt nun ein, es riecht nach getrockneten Kräutern, Gras, Wasser, Moos und Erde. Eine offensichtlich etwas zu früh erwachte Fledermaus zischt nahe übers Wasser und jagt Mücken. Wir passieren «Clairbief» und befinden uns damit nun wieder in der Schweiz. Bald werden wir in Soubey, unserem Endziel, ankommen. Das Wasser des Doubs aber wird weiter fliessen, kurz vor dem mittelalterlichen Städtchen St. Ursanne eine Spitzkehre vollführen und den Weg zurück nach Frankreich finden, wo es in die Saône mündet, die weiter ins Mittelmeer fliesst.

Auf dem ersten Kilometer sind unsere Kanus etwas im Zickzack-Kurs unterwegs.

In fremden Gewässern

Anreise / Rückreise: Mit Bahn und Postauto via Saignelégier nach Goumois und von Soubey via St. Ursanne zurück.

 

Tour: Goumois – Clairbief – Soubey (15 km)

 

Dauer: ca. 3 bis 5 Stunden (reine Paddelzeit, je nach Stärke der Strömung)

 

Anforderung: Durchschnittliche Kondition, Schwimmkenntnisse, keine Paddelerfahrung notwendig (Kinder ab ca. 10 Jahren und mit mindestens einem Elternteil im Kanu). Tour auch ohne Guide möglich.

 

Saison: Mai bis Oktober

 

Ausrüstung: Badekleider, Kleider für drüber (wenn möglich nicht Baumwolle), Sonnenschutz, Ersatzkleider.

 

Anbieter: Weitere Informationen zu dieser und zu vergleichbaren Touren finden Sie unter: flotnature.ch