Garten und Terrasse

Sie bringen Leben in den Frühlingsgarten

Garten Hinter Gartenzäunen und in Innenhöfen blühen jetzt die ersten Gehölze. Das freut den Menschen, aber auch die Insektenwelt, die nach den langen Wintertagen heisshungrig auf Pollen und Nektar ist.

von Judith Supper

Journalistin

Wenn sie Ende Februar ihre goldgelben Blüten öffnet, ist reger Flugverkehr angesagt. Hummeln, Schmetterlinge, Wild- sowie Honigbienen und auch die ersten zaghaften Schwebfliegen tummeln sich dann um die Blütendolden der Kornelkirsche, hierzulande auch als Tierlibaum bekannt. Immer mehr Menschen erkennen, wie wichtig pollen- und nektarspendende Sträucher wie die Kornelkirsche für die Insektenwelt sind. Denn die schockierenden Meldungen zum Insektensterben reissen nicht ab. Der einheimische Strauch mit den leicht nach Honig duftenden Blüten ist mittlerweile in vielen Privatgärten anzutreffen – auch in solchen, die keine ausgewiesenen Naturgärten sind. Dieser Mentalitätswechsel zeigt sich am Beispiel der Thuja, die bis vor ein paar Jahren noch eine der meistverkauften Heckenpflanzen war. «Die Nachfrage nimmt stark ab», erklärt Rolf Schläpfer, Geschäftsführer der Roth Pflanzen AG aus Kesswil am Bodensee. «Die Kunden wünschen stattdessen einheimische Heckengehölze.»

Frühe Blüte, reichlich Nektar, optisch ansprechend

Sträucher und Bäume bilden das Grundgerüst eines Gartens. Mit Gehölzen wird er in Nischen und Räume aufgeteilt, sie setzen gestalterische Akzente und schaffen Sichtschutz. Ein gelungen gestalteter Garten bietet Mehrwert für Mensch wie Natur. Müsste er sich entscheiden, welche Sträucher er als Solitärgehölz oder für eine frühblühende Hecke wählen würde, fiele Rolf Schläpfers Wahl auf Kornelkirsche (Cornus mas), Schwarzdorn (Prunus spinosa), Blutjohannisbeere (Ribes sanguineum), Weissdorn (Crataegus), Felsenbirne (Amelanchier ovalis), Kolkwitzie (Kolkwitzia amabilis), Holunder (Sambucus nigra) und Gemeiner Flieder (Syringa vulgaris). Hier ist alles Wünschenswerte enthalten: Blüte teils noch vor dem Laubaustrieb, reiche Pollen- und Nektarquellen, Pflegeleichtigkeit, Früchte, die auch der Mensch verzehren kann, feiner Duft und optischer Reichtum. Hinzu kommt bei Weiss- und Schwarzdorn ein Dornenkleid, in dem Vögel Schutz vor Fressfeinden finden.

Eine Frage des Verhältnisses

Mit Kolkwitzie, Blutjohannisbeere und Gemeinem Flieder sind drei nicht einheimische Gehölze dabei. «Es kommt auf das Verhältnis an», sagt der Fachmann. «Aus gestalterischer Sicht macht es durchaus Sinn, sie zu integrieren. Ihre Blüten bieten einen gelungenen Kontrast zu den anderen Gehölzen, und Kolkwitzie und Blutjohannisbeere werden von Bienen sehr geschätzt.» Noch eindrucksvoller wird das Bild, wenn zwischen den Sträuchern oder in Einzelstellung eine Zierkirsche (Prunus sargentii "Accolade") als Hochstamm herausragt. «Ihre frühe Blüte im April macht sie zu einem Magneten für Insekten. Vor allem Hummeln sind ganz wild auf den Baum.» Weiter wären Wildrosen eine denkbare Ergänzung, allein schon wegen des romantischen Charmes.

Stauden und Zwiebelpflanzen integrieren

Der Reiz früh blühender Gehölze kommt erst dann so richtig zum Tragen, wenn um sie herum Pflanzengemeinschaften angesiedelt sind. Dazu eignen sich Schneeglöckchen, Traubenhyazinthen, Elfen-Krokus und Winterling, aber auch Narzissen und Wildtulpen. Deren Vorteil: Bei zusagendem Standort verwildern sie von selbst und breiten sich teppichartig aus. «Zusätzlich bietet sich eine Unterpflanzung mit attraktiven Stauden an, zum Beispiel Frauenmantel (Alchemilla mollis), Storchschnabel (Geranium macrorrhizum bzw. sanguineum), Busch-Windröschen (Anemone nemorosa), Christrosen (Helleborus orientalis), Elfenblumen (Epimedium), Katzenminze (Nepeta x faassenii) und viele mehr.»

Augen auf bei der Sortenauswahl

Ein solches Ensemble funktioniert aber nur, wenn der Standort auf die Pflanzenbedürfnisse zugeschnitten ist. Weiter gilt zu beachten: «Im Vergleich zu einer Schnitthecke aus Hainbuche benötigen diese Sträucher mehr Platz. Je nach Gehölz sollten es in der Breite mindestens drei bis vier Meter sein.» Allgemein empfehle sich, die Gehölzauswahl besonnen zu treffen. «Es ist besser, eine langsam wachsende, etwas kleinwüchsigere Sorte zu wählen, als dass in ein paar Jahren ein Grossbaum vor dem Haus steht, der wegen Platzmangels ständig geschnitten werden muss», sagt der Landschaftsarchitekt. «Die Gehölzvielfalt ist immens; die meisten Arten und Sorten gibt es mit den passenden Wuchseigenschaften für den individuellen Garten.»

«Es ist besser, eine langsam wachsende, etwas kleinwüchsigere Sorte zu wählen, als dass in ein paar Jahren ein Grossbaum vor dem Haus steht, der wegen Platzmangels ständig geschnitten werden muss.»

Abstand zur Strasse und Nachbarsgrenze: Was gilt es zu beachten?

«Bevor ein bestimmter Strauch oder Baum ausgewählt wird, sollte man sich über die kantonalen Vorschriften zu Grenzabständen und Maximalhöhen informieren. Kantone und Gemeinden haben diesbezüglich eigene Vorschriften. Grundsätzlich wird der Grenzabstand durch die Höhe des gewünschten Gehölzes und durch den kantonal festgelegten Mindestabstand bestimmt. Bei Pflanzungen hin zur Strasse muss auch das Lichtraumprofil eingehalten werden. Das ist ein definierter Luftraum über der Strasse, der frei von überhängenden Ästen und hereinwachsenden Sträuchern und Hecken bleiben muss. Das Lichtraumprofil sorgt für Verkehrssicherheit, es gewährt übersichtliche Strassen, sichert die Durchfahrt von grossen Fahrzeugen sowie den ordentlichen Strassenunterhalt. Auch diese Bestimmungen sind je nach Gemeinde unterschiedlich.» Rolf Schläpfer, Geschäftsführer Roth Pflanzen AG, Kesswil (TG)