Schadensprävention

Planen und bauen mit Naturgefahren

von Mirjam Kalbermatten

Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen VKF

Die Unwetter im Sommer 2021 haben in den 19 Kantonen mit einer kantonalen Gebäudeversicherung Schäden an Gebäuden von über einer Milliarde Franken angerichtet. Obwohl die Schweiz im Vergleich zu den Nachbarländern mit einem blauen Auge davongekommen ist, übertreffen die Gebäudeschäden sogar jene der «Jahrhunderthochwasser» von August 2005. Hoffen wir, dass in diesem Winter nicht auch noch ein grosser Sturm über unser Land fegt – wie dies z. B. 1999 mit Lothar oder 2018 mit Burglind geschehen ist.

Naturgefahren nehmen zu

Gemäss aktuellen Studien werden Starkregen und Stürme in naher Zukunft wesentlich häufiger und intensiver ausfallen. Auch alpine Gefahren wie Murgänge, Rutschungen und Steinschläge dürften sich durch die zunehmenden Wetterextreme verschärfen. Parallel dazu steigt das Schadenpotenzial wegen der immer dichteren Bebauung und intensiveren Gebäudenutzung. Im Gegensatz zu neueren Quartieren stehen viele historische Dorfkerne tatsächlich an vergleichsweise sicheren Standorten.

Auch die Nutzung der Innen- und Aussenräume erfolgte früher wohl intuitiv und auf Erfahrungen basierend geschickt: Im Keller wurden nur wenige sensible Güter gelagert, damit sich der Schaden bei Wassereintritt in Grenzen hielt. Zugänge und Aufenthaltsräume für Personen wurden talseits angebracht, die Heubühne bergseits. Auch in Bezug auf die Tragstruktur von Gebäuden hatte man gelernt, mit den in der Region auftretenden Stürmen und Schneefällen umzugehen. Weil vorwiegend robuste Materialien wie Stein, Holz und Beton zum Einsatz kamen, waren die Gebäudehüllen beispielsweise gegen Hagel deutlich widerstandsfähiger als es die Fassaden vieler moderner Neubauten heute sind. Derzeit beeinträchtigt einerseits der enorme Kostendruck – von der Planung bis zum Betrieb – die Qualität. Andererseits werden die Baumaterialien immer leichter und reagieren dadurch leider oft auch empfindlicher auf mechanische Beanspruchung und Feuchtigkeit.

Wie viele weitere Themen müssen auch Naturgefahren bei jedem Bauprojekt aktiv thematisiert werden, damit die Bausubstanz den lokal zu erwartenden Gefahren und den zukünftigen Klimabedingungen gerecht wird. Nur so bleiben die Risiken langfristig tragbar.

Naturgefahren-Check mit einfacher Gefahrenübersicht

Die praktische Anwendung des naturgefahrengerechten Bauens wird auf der Informationsplattform schutz-vor-naturgefahren.ch erläutert. Der interaktive Naturgefahren-Check bietet eine rasche Übersicht aller Gefahren am Standort und vernetzt die wichtigsten Planungsgrundlagen. So lässt sich schnell und einfach per Adresseingabe prüfen, welchen Naturgefahren ein bestimmtes Grundstück ausgesetzt ist. Weiter werden zur Situation passende Empfehlungen für Schutzmassnahmen abgegeben und die verbleibenden Handlungsoptionen berücksichtigt. Bei fortgeschrittener Planung können beispielsweise noch hagelgeprüfte Produkte ausgewählt, ein automatisches Hochwasserschutz-Klappschott eingebaut oder eine Hagelwarnung für die Lamellenstoren installiert werden. Idealerweise wird der Schutz vor Naturgefahren aber schon viel früher in der Planung berücksichtigt, weil sich dann noch besonders viele und effiziente Lösungen für einen wirksamen Schutz in das Gesamtkonzept integrieren lassen. So gilt auch vor jedem Umbau und jeder Sanierung: Wer die Gefahrensituation und mögliche Schutzmassnahmen weitsichtig prüft, kann ohne wesentliche Mehrkosten einen besseren Gebäudeschutz erreichen und den Werterhalt der Liegenschaft dadurch positiv beeinflussen.

Schutz vor Naturgefahren

Auf schutz-vor-naturgefahren.ch finden Eigentümer, Bauherren und Fachleute eine Übersicht zum naturgefahrensicheren Bauen. Die Informationsplattform wurde von den kantonalen Gebäudeversicherungen ins Leben gerufen und wird heute von einer für die Schweiz einmaligen Allianz wichtiger Akteure im Bereich Gebäudeschutz getragen: der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen VKG, dem Hauseigentümerverband Schweiz HEV, dem Schweizerischen Gemeindeverband SGV, dem Verband Schweizerischer Kantonalbanken VSKB, dem Schweizerischen Versicherungsverband SVV sowie dem Schweizerischen Ingenieurund Architektenverein SIA.