Heizen

«Oft gibt es Fragen zur Wirtschaftlichkeit und zu Fördergeldern»

Was gilt es beim Heizungsersatz zu beachten? Weshalb ist eine Impulsberatung sinnvoll? Welche Heizsysteme eignen sich für Mehrfamilienhäuser? Ein Fachmann gibt Antworten.

von Remo Bürgi

Faktor Journalisten, im Auftrag des BFE

Tobias Hösli arbeitet im Zürcher Bezirk Horgen bei der Energie Genossenschaft Zimmerberg als Energieberater und bietet auch die Impulsberatung «erneuerbar heizen» im Rahmen des gleichnamigen Programms von EnergieSchweiz an.

HAUSEIGENTÜMER: Tobias Hösli, was ist das Ziel einer Impulsberatung?

TOBIAS HÖSLI: Das Hauptziel der Impulsberatung «erneuerbar heizen» ist, Hausbesitzern eine Einstiegsberatung zum Heizungsersatz zu geben. Ich zeige ihnen auf, wie sie eine fossile Heizung durch ein erneuerbares Heizungssystem ersetzen können. Dies ist wichtig, weil in der Schweiz bis 2050 jährlich 30 000 fossile Feuerungen ersetzt werden müssen. Nur so lassen sich der CO2-Ausstoss senken und die Klimaziele erreichen.

Warum lohnt es sich für Hausbesitzer, eine solche Impulsberatung in Anspruch zu nehmen?

Sie erfahren so, welche Optionen sie beim Heizungsersatz haben. Ich zeige ihnen einerseits die technischen Möglichkeiten auf, andererseits aber auch die Auswirkungen bezüglich Investitions-, Energie-, Betriebs- und Unterhaltskosten sowie CO2-Ausstoss. Damit kann der Gebäudebesitzer das optimale Heizungssystem wählen und langfristig profitieren. Und das alles zu einem sehr fairen Preis, denn die Impulsberatung wird in vielen Kantonen finanziell unterstützt. Im Kanton Zürich beispielsweise beteiligt sich der Kanton bei einem Einfamilienhaus mit 300 Franken an den Kosten für die Beratung – für den Kunden bleibt ein Beitrag von rund 150 Franken.

Wie läuft eine Impulsberatung ab?

Beim ersten Kontakt per Telefon oder E-Mail vereinbare ich mit dem Kunden einen Termin und erkläre ihm, welche Informationen ich benötige. In erster Linie ist dies der Heizenergieverbrauch der letzten Jahre, Pläne oder Ähnliches sind nicht nötig. Während der rund einstündigen Beratung analysiere ich die Ausgangslage, indem ich mir beispielsweise die bestehende Heizung anschaue, und nehme die Wünsche der Kunden bezüglich der neuen Heizung auf. Basierend darauf zeige ich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Heizsysteme auf. Anschliessend gebe ich eine Empfehlung für die Wahl der neuen Heizung ab und übergebe dem Kunden einen Kurzbericht inklusive einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in Form der ausgefüllten Checkliste «erneuerbar heizen».

Was sind die häufigsten Fragen, die Ihnen Hausbesitzer stellen?

Viele Gebäudebesitzer haben Fragen im Zusammenhang mit den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014). Die Umsetzung dieser von der Konferenz kantonaler Energiedirektoren verabschiedeten Empfehlung an die Kantone ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Daher bestehen verständlicherweise Unsicherheiten, welche Bestimmungen aktuell gelten und ab wann mit welchen Änderungen zu rechnen ist. Sehr häufig sind auch Fragen zur Wirtschaftlichkeit von Heizsystemen oder zu Fördergeldern von Kantonen und Gemeinden. Zudem werden natürlich viele technische Fragen gestellt, wobei die Themen Lärmemissionen von Luft-Wärmepumpen und Bewilligungen von Erdsonden-Bohrungen besonders oft vorkommen.

«Das Hauptziel der Impulsberatung ‹erneuerbar heizen› ist es, Hausbesitzern eine Einstiegsberatung zum Heizungsersatz zu geben.»

Was sollte man beachten, wenn der Heizungsersatz ansteht?

Wer eine neue Heizung anschaffen will oder muss, sollte auf jeden Fall frühzeitig mit der Planung beginnen, am besten einige Jahre vor Ende der erwarteten Lebensdauer. Die Planung kann für erneuerbare Heizsysteme anspruchsvoller und daher auch mit höherem Zeitaufwand verbunden sein als bei einer fossilen Feuerung. So braucht es zum Beispiel für Luft-Wärmepumpen einen Schallschutznachweis und teilweise eine Baubewilligung. Für Erdsonden-Bohrungen wiederum ist wegen des Gewässerschutzes eine Bewilligung des Kantons erforderlich.

Welche Fehler sollten Hausbesitzer unbedingt vermeiden?

Noch immer prüft mehr als die Hälfte der Hausbesitzer beim Ersatz keine Alternativen zum fossilen Heizsystem. Damit verpasst man für die nächsten 20 Jahre eine grosse Chance – sowohl für das Klima als auch für das eigene Portemonnaie. Erneuerbare Heizungen haben ein ausgezeichnetes Kosten- Nutzen-Verhältnis. Als Eigentümerschaft profitiert man vielfach: tiefere Energiekosten, geringerer Wartungsaufwand, weniger Abhängigkeit vom Ausland und von schwankenden Energiepreisen sowie keine CO2-Abgaben. Und man tut erst noch etwas Gutes für seine Kinder und Enkelkinder, weil man die Umwelt schont.

Welches Heizsystem ist Ihr persönlicher Favorit und warum?

Ich persönlich favorisiere die Erdsonden-Wärmepumpe. Die Investitionskosten sind zwar höher als bei einer herkömmlichen Heizung, dafür profitiert man langfristig von sehr tiefen Betriebs- und Unterhaltskosten. Die Heizung arbeitet so zuverlässig, wartungsarm und platzsparend, dass man glatt vergessen könnte, dass es sie gibt. Zudem eignen sich Wärmepumpen für die Kombination mit einer Photovoltaikanlage, weil ein Teil des selbst produzierten Solarstroms für den Betrieb der Wärmepumpe genutzt werden kann. Dabei kann die Wärmepumpe so eingestellt werden, dass sie genau dann Strom braucht, wenn die Sonne am stärksten scheint. Sie speichert die Sonnenenergie als Wärme im Warmwasser oder im Gebäude selbst. Damit spart man Kosten und entlastet das Stromnetz.

Welche Heizsysteme eignen sich Ihrer Erfahrung nach besonders für grössere Mehrfamilienhäuser?

Bei grossen Mehrfamilienhäusern eignen sich beispielsweise Holzpellet-Heizungen, falls der Platz für das Brennstofflager vorhanden ist. Mehrfamilienhäuser können auch mit Wärmepumpen beheizt werden, neben Erdwärme bietet sich Grundwasser als Energiequelle an. Auch Luft-Wasser-Wärmepumpen können bei Mehrfamilienhäusern eingesetzt werden. Der Schallschutz ist dabei etwas anspruchsvoller. Zudem können bei Mehrfamilienhäusern Solaranlagen oft sehr wirtschaftlich betrieben werden, weil alle Bewohnenden zusammen viel Strom und / oder Warmwasser konsumieren. So erreicht man einen hohen Eigenverbrauchsanteil, was für die Wirtschaftlichkeit entscheidend ist.

Eine sinnvolle Alternative ist der Anschluss an ein vorhandenes Wärmenetz, sofern es erneuerbare Energien oder Abwärme nutzt. So können die verschiedenen erneuerbaren Energiequellen wie See- oder Flusswasser, Holzschnitzel aus umliegenden Wäldern oder lokal vorhandene Abwärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen optimal genutzt werden. Ein Anschluss an ein Wärmenetz hat viele Vorteile: Das System ist sehr platzsparend und die Kosten sind von Beginn an genau kalkulierbar.

«Wer eine ältere Liegenschaft besitzt, sollte im Zusammenhang mit dem Heizungsersatz auch die Gebäudehülle unter die Lupe nehmen lassen.»

Haben Sie noch einen abschliessenden Tipp?

Wer eine etwas ältere Liegenschaft besitzt, sollte im Zusammenhang mit dem Heizungsersatz auch die Gebäudehülle unter die Lupe nehmen lassen. Ein Gebäude ist ein komplexes System. Ist die Gebäudehülle in einem schlechten Zustand, braucht es eine leistungsstärkere und damit auch teurere Heizung. Ich empfehle daher eine integrale Energieberatung, etwa einen sogenannten GEAK Plus. Damit erhält man eine genaue Analyse vom Zustand des Gebäudes sowie Empfehlungen für eine energetische Modernisierung.

«erneuerbar heizen»

Seit Anfang 2020 läuft das Programm «erneuerbar heizen» von EnergieSchweiz. Ziel des Programms ist es, Hausbesitzer, Mittler und Umsetzer zu animieren, von fossiler auf erneuerbare Energie umzusteigen, zum Beispiel mit der Impulsberatung «erneuerbar heizen». Wer sich für eine Impulsberatung interessiert, findet unter www.erneuerbarheizen.ch/impulsberatung eine Standortsuche, mit der man eine Impulsberaterin oder einen Impulsberater aus der Region suchen kann. Zudem bietet die Plattform einen Heizkostenrechner, weitere Informationen zu den verschiedenen Heiztechnologien und kurze Filme, die jede Technologie ganz einfach erklären.