Garten und Terrasse

Mehr als nur grüne Kulisse

Garten Begrünte Fassaden sind mehr als nur ein bisschen Deko in Grün. Wohnlichkeit, Lärmschutz, Luftqualität, CO2-Verwertung und physisches Wohlbefinden sind nur einige Vorteile, die heute zu einem erschwinglichen Preis realisiert werden können.

von Daniel Hauri

Skygardens

Begrünte Fassaden sieht man in der Schweiz noch relativ selten, umso mehr fallen sie auf. Sie sind ein sympathischer Blickfang, dem sich kaum jemand entziehen kann. Grüne Fassaden haben aber viel mehr zu bieten als einfach nur die Funktion einer grünen Kulisse.

Nehmen wir stellvertretend für die grösseren Schweizer Städte Zürich: Klimaprognosen für die Jahre 2022 bis 2040 sagen voraus, dass im Vergleich zur Periode 1961 bis 1990 in Zürich mit einer Verdoppelung der Hitzetage mit Temperaturen über 30 ° Celsius auf 44 Tage zu rechnen ist. Tropennächte verschlechtern die Schlafqualität. Zudem ist von einem steigenden Energiebedarf für die Kühlung von Innenräumen auszugehen. Das zeigt die rasante Entwicklung und demonstriert uns, wohin die Reise geht. Und genau da kommen die Vorteile eines vertikalen Gartens zum Tragen.

Die Fassadenbegrünung ist ein Mittel, um diesem Temperaturanstieg entgegenzuwirken und die Wohnqualität zu verbessern. Pflanzen haben die Eigenschaft, Wasser aufzunehmen und Wasser wieder zu verdunsten. Zur Verdunstung des Wassers wird Energie benötigt, welche die Pflanzen aus der Lufttemperatur ziehen. Der Energieverbrauch führt zu einer Senkung der Lufttemperatur. Die sogenannte Verdunstungskühlung durch Pflanzen kann je nach Temperaturniveau einen natürlichen Kühlungseffekt von bis zu 1,5 Grad erzielen. Je grösser die begrünte Fläche der Aussenfassade ist, desto höher ist der Kühlungseffekt auf das Raumklima des Gebäudes und auf die Umgebung. Singapur, der südostasiatische Kleinstaat, nennt sich aufgrund der vielen begrünten Gebäude «Stadt der Gärten» und macht sich die Vorteile der Gebäudebegrünung schon lange zunutze.

Gebäudebegrünung verbessert Wohnqualität und Wohlbefinden

Wenn man Umfragen glauben darf, so sind Personen, die in einem begrünten Haus wohnen oder arbeiten, glücklicher und haben eine höhere Lebensqualität. Die Natur an der Fassade vermittelt das Gefühl von Behaglichkeit und hat einen enorm beruhigenden Effekt.

Die grüne Fassade verbessert das Mikroklima auf verschiedenen Ebenen. Im Sommer hat die Fassade einen kühlenden Effekt, und gleichzeitig strahlt der Baukörper in der Nacht weniger Wärme an die Umgebung ab. Genau umgekehrt verhält es sich im Winter, wenn die grüne Fassade ihre wärmedämmenden Eigenschaften zum Tragen bringt.

Das Blattwerk an Fassaden absorbiert zudem Schallwellen und reduziert den Lärm um hörbare 10 Dezibel. Einen messbaren Effekt der Fassadenbegrünung hat auch die Bindung von Schadstoffen und Feinstaub. Die grossen Pflanzenoberflächen führen zu einer Absorption von lungengängigem Feinstaub. Zudem trägt die Verdunstung durch die Pflanzen im Sommer zu einem angenehmen Feuchtigkeitsausgleich bei.

Die Artenvielfalt kehrt in die Städte zurück

Mit begrünten Flächen schaffen wir überdies Lebensraum für eine Vielzahl von Lebewesen. Bienen, die ihren Nektar sammeln, Käfer und viele andere Kleinlebewesen bekommen wieder Lebensraum. Teilweise brüten sogar Vögel in begrünten Fassaden. Ängste, dass man das Haus voller Käfer, Spinnen und Wespen hat, sind dabei völlig unbegründet. Diese Tiere halten sich viel lieber im Grünen auf als an einer Wand oder auf dem Parkett im Innenraum. Im Gegenteil, begrünte Fassaden halten die Insekten eher auf Distanz zur Wohnung.

Es gibt wunderschöne Beispiele alter Herrenhäuser, bei denen man Efeu oder Reben die Fassaden hochwachsen liess. Nur ist das dem Gemäuer nicht unbedingt zuträglich. Heute sind jedoch begrünte Fassaden hinterlüftete Systeme mit integriertem Substrat- und Pflanzenträger oder Ranksysteme aus feinen Chromstahlseilen für Kletterpflanzen. Damit wird die Begrünung integrativer Bestandteil der Architektur und ist so individuell wie der Gebäudeentwurf selbst. In den letzten 20 Jahren wurden verschiedene Systeme permanent entwickelt, und man hat heute gute Erfahrungswerte. Der Bauherr oder der Architekt lässt sich bei einem solchen Projekt nicht mehr auf ein teures Abenteuer ein.

Wichtig bei vertikalem Grün ist die Pflanzenwahl für den jeweiligen Standort: Sonnenliebende Pflanzen für die Südfassade, Schattengewächse eher im Norden. In der Regel werden einheimische Gewächse eingesetzt, damit die Transportwege nicht zu lang und damit ökologisch sind. Dabei ist es sehr hilfreich, den Spezialisten beizuziehen. Der kennt sich mit der Pflanzenwahl, der automatischen Bewässerung und der Düngung bestens aus.

Man muss sich aber auch bewusst sein, dass die grüne Fassade etwas Lebendiges ist. Wie im Garten braucht es einen gewissen Unterhalt, damit kein Wildwuchs entsteht. Das sind aber überschaubare Kosten.

Begrünte Fassaden sind mehr als nur ein kurzer Modetrend. In Zürich wurde bereits eine Fachstelle für Stadtbegrünung geschaffen, und das dürfte erst der Anfang einer breiten Entwicklung hin zu grünerem und lebenswerterem Wohnraum sein.

Unterstützung für die Begrünung

Grün Stadt Zürich hat ein Förderprogramm für Privatpersonen, Bauherrschaften und Institutionen, die eine Vertikalbegrünung an ihrem Gebäude installieren möchten, lanciert. Interessierte Personen und Institutionen mit Liegenschaften in der Stadt Zürich können sich beraten lassen und eine finanzielle Unterstützung beantragen. Weitere Infos: stadt-zuerich.ch

Weitere Infos

Informationen für die Begrünung von Dach-gärten, für grüne Innenräume und Fassaden: skygardens.ch