Unterwegs

Hoch oben in den Toggenburger Baumwipfeln

Ausflüge In Mogelsberg schlängelt sich ein 500 Meter langer, barrierefreier Pfad auf 124 Rundholzstützen durch die Baumkronen. Wer den Baumwipfelpfad im Toggenburg besucht, sollte sich danach einen «Schlorzifladen» gönnen.

von Yvonne Lemmer

Redaktion, HEV Schweiz

 

Stetig geht es auf den breiten Bretterbohlen hinauf, bis wir uns auf Höhe der Baumkronen befinden. Höhenangst? Noch nicht ... Wegen seiner grosszügigen Breite und des sanften Aufstiegs fühlt es sich auf dem Baumwipfelpfad gar nicht so hoch an – zumindest nicht am Anfang. Gestartet wird auf dem Waldboden, irgendwann befindet man sich in 15 Metern Höhe. Entlang des Pfads informieren Erlebnisstationen über Baumarten, heimische Waldtiere, Geologie und Landschaft. Erst die lange und hohe Aussichtsplattform lässt die Knie ein bisschen weicher werden, denn unter einem geht es steil hinab in ein Tobel. Die Plattform ist der höchste Punkt auf dem 30 bis 60 Minuten dauernden Rundgang, und es wird an dieser Stelle nicht verraten, wie hoch sie ist. Mutige finden hier eine kleine Fläche Glasboden, über die man gehen kann. Geniesser hingegen lassen den Blick in die Weite über das hügelige Toggenburg schweifen.

Beliebter als erwartet

Der Baumwipfelpfad Mogelsberg wurde 2018 eröffnet und hat seither zahlreiche Besucher angelockt. «Gerechnet hatten wir mit 30 000 Besuchern pro Jahr», sagt Geschäftsleiterin Melanie Anon, «aber schon im Eröffnungsjahr 2018 wurden wir regelrecht überrannt. Wir konnten über 100 000 Besucher verzeichnen.» In den letzten zwei Jahren hätten sich die Zahlen zwischen 60 000 und 70 000 Besuchern eingependelt.

Die Idee für den Baumwipfelpfad stammt von der IG Holz Toggenburg. Mit dem Projekt verfolgte die Interessengemeinschaft das Ziel, den natürlichen Rohstoff Holz und den naturnahen Tourismus zu fördern. Inspiration für einen Baumwipfelpfad fand man in Deutschland – in der Schweiz gab es vor 2018 noch nichts dergleichen. Sieben Standorte im St. Galler Neckertal wurden auf Herz und Nieren bzw. auf Topografie und Baumbestand geprüft. Eine Analyse der Berner Fachhochschule und der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) ergab, dass sich der Standort Steinwäldli Mogelsberg am besten für einen Baumwipfelpfad eignen würde. Eine wichtige Frage, die sich bei der Standortwahl stellte: Wie können wir die Natur so gut wie möglich belassen, ohne für den Baumwipfelpfad Bäume fällen zu müssen? Im Steinwäldli Mogelsberg liess sich dies lösen. Ausserdem waren durch das Blockhaus der IG Holz Toggenburg am Standort bereits sanitäre Anlagen vorhanden. Und zu guter Letzt handelt es sich beim Steinwäldli um einen schönen Mischwald, in dem es verschiedene Baumarten zu entdecken gibt. Übrigens: Das Holz für den Baumwipfelpfad stammt aus dem Neckertal. «Beim Bau wurde bewusst darauf geachtet, dass alles Holz aus der Region kommt», sagt Melanie Anon.

Finanziert wurde der Baumwipfelpfad zu fast einem Drittel von der St. Galler Kantonalbank, die 2018 ihr 150-Jahr-Jubiläum feierte und aus diesem Anlass Geld für das Leuchtturmprojekt Baumwipfelpfad Mogelsberg sprach. Die IG Holz Toggenburg finanzierte das Vorprojekt und verpflichtete sich zur Realisierung des Baumwipfelpfads. Daneben trugen die Gemeinde Neckertal, die Region Toggenburg sowie zahlreiche Stiftungen und private Spender finanziell zum ersten Baumwipfelpfad der Schweiz bei.

 

 

Die Jahreszeiten erleben

Von der spannenden Aussichtsplattform setzen wir den Rundgang fort und kommen an weiteren, teils interaktiven Erlebnisstationen vorbei. Wussten Sie, dass eine 150 Jahre alte Buche täglich bis zu 11 000 Liter Sauerstoff produziert? Mit frischem Sauerstoff in den Lungen begeben wir uns auf den Bretterbohlen langsam abwärts, bis wir wieder festen Waldboden unter den Füssen spüren. Wie sich der Baumwipfelpfad wohl im Herbst und Winter präsentiert, fragen wir uns. «Die Herbstfärbung auf dem Baumwipfelpfad zu erleben, ist wunderschön», sagt Melanie Anon, «aber eigentlich hat jede Jahreszeit ihren Reiz.»

 

Und plötzlich schaut man auf das Blätterdach hinab.

Besucherinformationen

Der Baumwipfelpfad ist ganzjährig geöffnet, hat im Sommer und Winter aber unterschiedliche Öffnungszeiten. Diese sowie Preise, Anfahrt und weitere Infos finden Sie unter: baumwipfelpfad.ch

Schlorzifladen

Nach dem Besuch des Baumwipfelpfads empfiehlt sich ein Abstecher ins hübsche Dorfzentrum von Mogelsberg. Vom Parkplatz des Baumwipfelpfads aus sind es ca. 20 Minuten zu Fuss ins Dorf. Gleich neben der Kirche befinden sich der Löwen und das Rössli. Im Rössli – Ökohotel und Biorestaurant in einem traditionellen Toggenburger Strickbau – haben wir einen hausgemachten Schlorzifladen probiert. Dabei handelt es sich um einen flachen Kuchen (in der Ostschweiz sagt man dazu «Fladen», nicht Wähe) mit einer Füllung («Schlorzi» – ein breiartiges Durcheinander) aus gedörrten Birnen und einem Rahmguss. Auch wenn «Schlorzi» nicht wahnsinnig anmächelig tönt, schmeckt dieser Fladen – man kann es gar nicht anders sagen – himmlisch. Vor allem, wenn er lauwarm serviert wird. Wer nicht bis ins Dorfzentrum runter spazieren möchte, kann übrigens auch im Bistro des Besucherzentrums des Baumwipfelpfads ein solches süsses Dessert geniessen.