Esszimmer

Für gemütliche Stunden am Esstisch

Wie wollen wir sitzen? Diese Frage ist aktueller denn je. Denn das Esszimmer ist wegen Corona zu einem beliebten Ersatz für das Restaurant geworden. Und ob aus Überzeugung oder schierer Notwendigkeit: Wir sind wieder sesshafter geworden.

von Andrea Eschbach

Journalistin, Zürich

Das Jahr 2021 steht im Zeichen der Nachhaltigkeit. Natürliche Materialien wie Holz, Marmor oder Leder sind besonders beliebt und finden sich auch im Esszimmer wieder. So entwarf das junge Basler Designstudio Fink für Möbel Pfister den «Cooper Chair». Inspiriert ist der Massivholzstuhl von Rochen und ihrer schwerelosen Art, sich im Ozean fortzubewegen. Diese Grundidee erkennt man vor allem in der Form der Rückenlehne und an der breiten Sitzfläche. Das helle Eschenholz und die Verjüngung an Sitz- und Rückenfläche geben dem Stuhl eine zeitlose Leichtigkeit.

Nachhaltigkeit und lokale Produktion sind auch dem Oftringer Designer David Müller ein Anliegen. So wird der «Aargauer Stuhl» komplett im Aargau produziert. Der Entwurf ist inspiriert von Stühlen aus Brockenhäusern und nimmt die Optik der 1950er-Jahre auf. Der schlichte Stuhl ist aus Schweizer Buchenholz – überzogen mit Oberflächenlinoleum – und Chromstahl gefertigt.

Naturholz und Terrazzo

Naturholz muss nicht rustikal daherkommen – das beweist der Tisch «Lot Lite». «Eine gute Allianz aus Stabilität und Leichtigkeit», so umschreibt Designer Wolfgang Hartauer die Gestaltungsmaxime seines Entwurfs. Der vom deutschen Hersteller Tecta produzierte Tisch ruht mit 28 mm Plattenstärke symmetrisch auf vier Punkten und folgt der Idee von Reduktion konsequent. Die Form aus Halbkreis an der Stirnseite und stabilisierendem Verbindungssteg gibt dem Möbel seine Prägnanz. Die Tafel für bis zu acht Personen ist nicht nur in Pink, sondern in der ganzen RAL-Farbpalette erhältlich.

Ein anderes Naturmaterial liegt derzeit stark im Trend: Terrazzo, mit dem schon die Römer in der Antike die Böden ihrer Villen auslegen liessen. Das Münchner Label Acapulco Design nutzt den ressourcenschonenden Baustoff in Konfetti-Optik für den «Ring Table». Der runde Esstisch zeichnet sich durch ein filigranes Metallgestell mit schmetterlingsförmigen Streben aus. Mit einem Durchmesser von 120 cm bietet der Tisch ausreichend Platz für Freunde und Familie oder zum Arbeiten. «Am runden Tisch finden Freunde zusammen», so Acapulco-Gründer Benjamin Caja.

Die Essbank ist zurück

Ein Comeback feiern auch Bänke. So hat das skandinavische Label Bolia eine Kollektion von Esstischen und Bänken neu im Programm. In der Serie «Alp» rückt das spanische Design-Duo Ramos Bassols strenge grafische Linien in den Mittelpunkt. Die Möbel werden aus FSC-zertifiziertem Eichenholz gefertigt und bringen Scandi-Style ins Esszimmer.

Auch der Zürcher Designer This Weber setzt in seinem jüngsten Entwurf auf die Tisch-Bank-Kombination. Für den deutschen Ökomöbel- Pionier Team 7 entwarf er den Tisch «Taso» und die Bankserie «Flor». Der Naturholz-Tisch ist leicht und klar in seiner Form, aber ein Schwergewicht in Funktion und Technik: Im Handumdrehen schafft man dank eines raffinierten, nahezu unsichtbaren Auszugs Platz für eine grosse Runde. Die schräg gestellten Beine prägen das Design und räumen den Sitzenden zugleich grosse Beinfreiheit ein. Kombiniert mit den Lang- oder Eckbänken «Flor» entsteht ein gemütliches Ensemble. Die sanft geschwungene Rückenlehne und der raffinierte Faltenwurf erinnern an die Gestalt einer Blüte – die Namensgeberin für die Sitzmöbel. «Die Essbank ist bei vielen Menschen der favorisierte Platz am Tisch,» erklärt This Weber. «Grossmutters Kücheneckbank ist oft sehr positiv in unseren Erinnerungen verankert.»

Stühle mit hohem Sitzkomfort

Der Grundgedanke eines jeden guten Sitzmöbels? Funktionalität und Bequemlichkeit. So kommt der «Sheru Chair» von EOOS Design für den deutschen Hersteller Walter Knoll mit wenig Material aus, ist aber dennoch ein Ausbund an Komfort. «Sheru» steht im Japanischen für Schale. Und diese Schale ist kaum dicker als eine Yogamatte, aber komfortabler. Die Rückenlehne und die Sitzfläche enthalten verdeckte Öffnungen, durch die Luft frei um den Körper zirkulieren kann. Integrierte Bänder in der Form von Palmenblättern erzeugen ein angenehm federndes Sitzgefühl. 

Auf einem feingliedrigen Gestell ruht der Sessel «Grace» des deutschen Herstellers Freifrau. Für die Designer Birgit Hoffmann und Christoph Kahleyss stand früh fest, dass ein besonders dickes Leder, kontrastierend mit dem zarten Gestell, den Reiz des Entwurfs ausmachen würde. Dies stellte das Design-Duo jedoch vor grosse Herausforderungen, ist Leder doch ein Naturmaterial mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften. Die Designer experimentierten mit zahlreichen Lederqualitäten. Die Wahl fiel schlussendlich auf ein sehr robustes, dickes Anilinleder, dessen angeschliffene Oberfläche schmeichelnd weich ist und durch Gebrauch erst richtig schön wird.

Comeback für Barstühle

Wieder angesagt sind derzeit auch Barstühle. Wie das Modell «Alvo» des deutschen Herstellers COR. Für die hohe Kunst des Sitzens sorgt der üppig gepolsterte Entwurf des Designer- Duos Jehs+Laub. Korrespondierend zu der feinen, leicht federnden Aussenschale hat das Sitzmöbel ein ebenso filigranes wie stabiles Metallgestell. Das Sitzgefühl beflügeln, das will auch der Barhocker «Atelier» von Artek. Nur vier Kilogramm wiegt das Holzmöbel von TAF Studio aus Stockholm für das finnische Label. Das kompakte Leichtgewicht besticht mit schlanken Proportionen und geometrischen Linien.