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Erfolgreich den Performance Gap reduzieren

Wenn die Heizung mehr Energie verbraucht, als sie eigentlich sollte, stimmt ein Faktor nicht mit der Planung überein. Der häufigste Grund dafür ist das Verhalten der Nutzer.

von Remo Bürgi

Faktor Journalisten, im Auftrag des BFE

Frühsommer 2020. Heidi und Hannes Huber-Hugentobler staunen nicht schlecht, als sie nach dem ersten Winter in ihrem neuen Eigenheim die Heizkosten kalten Jahreszeit gar nicht mal so kalt war, sind der Wärmeverbrauch und damit auch die Ausgaben rund einen Drittel höher als vom Heizungsfachmann prognostiziert. Um der Sache auf den Grund zu gehen, vereinbaren die beiden ein Gespräch mit dem Fachmann. Dessen Diagnose ist eindeutig: Es liegt ein energetischer Performance Gap vor.

Differenz zwischen Ist und Soll

Ein solcher Performance Gap – auf Deutsch etwa «Leistungsdifferenz» – besteht dann, wenn der Wärmeverbrauch eines Gebäudes höher ist, als er gemäss der Berechnung aus der Planung sein sollte. Während Heizungsfachleute die technischen Werte relativ einfach berechnen können, ist das Verhalten der Nutzer wesentlich schwieriger einzuschätzen. Es muss aber zwingend einbezogen werden, weil es einen starken Einfluss auf den Wärmeverbrauch eines Gebäudes hat. Beim Energienachweis, der für die Baubewilligung vorliegen muss, ziehen Fachleute ein Standard-Nutzerverhalten heran. Dieses ist in einer Norm des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) definiert. Der so berechnete Standardverbrauch wird dann mit dem gesetzlich vorgegebenen Grenzwert verglichen. Allerdings empfiehlt es sich, für eine genauere Abschätzung des späteren Wärmeverbrauchs das individuelle Verhalten der jeweiligen Nutzer zu erfragen und in die Planung aufzunehmen. So erhält man einen realistischeren Planungswert.

Technik prüfen lassen

Wenn der Planungswert realistisch berechnet wurde, gibt es hauptsächlich zwei Gründe für einen Performance Gap: den Verhaltens- Gap und den technischen Gap. Ein technischer Gap bedeutet, dass ein Gebäude nicht wie vorgesehen gebaut und betrieben wird oder die technischen Anlagen wie etwa die Heizung nicht richtig eingestellt wurden. Auch technische Störungen während des Betriebs können einen Gap verursachen. Um dies zu vermeiden, sollten Hausbesitzer das Heizsystem prüfen und die Konfiguration wenn nötig von einer Fachperson optimieren lassen. Der Energieverbrauch lässt sich beispielsweise durch das richtige Einstellen der Heizkurve oder auch durch unterschiedliche Regelungen für die Nacht und die verschiedenen Jahreszeiten deutlich reduzieren. 

Überwachen und fernsteuern

Es gibt weitere Möglichkeiten, einen technischen Gap zu verringern. Eine regelmässige Überwachung der Heizungsanlage durch ein Messsystem und/oder durch einen Fachmann hilft, Fehler frühzeitig zu erkennen und einen ordnungsgemässen Betrieb zu ermöglichen. Sinnvoll kann auch die Installation eines intelligenten Heizsystems sein, das sich aus der Ferne (zum Beispiel via Smartphone) steuern und überwachen lässt. Damit kann man die Heizung bei Bedarf ein- und ausschalten – gerade für Ferienhäuser und -wohnungen eine sinnvolle Option.

An den Plan halten

Wesentlich häufiger als auf technische Probleme ist ein Performance Gap jedoch auf das Verhalten der Nutzer zurückzuführen. Oftmals stellen sie eine höhere Temperatur ein, als ursprünglich vorgesehen wurde. Wer aber auf 23 ° Celsius statt auf 20 ° Celsius heizt, erhöht den Wärmeverbrauch um 18 bis 30 Prozent. Daher sollte man sich wenn immer möglich an die geplanten Werte halten. Empfohlen werden im Wohnzimmer 20 ° Celsius, im Badezimmer 23 ° Celsius und im Schlafzimmer 17 ° Celsius – wobei das individuelle Komfortgefühl natürlich variieren kann. Wichtig: Wenn es zu heiss ist, sollte man die Einstellungen am Thermostat reduzieren und keinesfalls die Fenster öffnen, um herunterzukühlen. Daneben gibt es weitere Massnahmen, um den Heizbedarf auf dem vorgesehenen Niveau zu halten: 

  • Lüften: Mehrmals am Tag zu lüften, ist für die Qualität der Raumluft wichtig. Am besten öffnen Sie jeweils für einige Minuten alle Fenster komplett und schliessen sie danach wieder. Permanent gekippte Fenster sollten Sie vermeiden, sie verursachen hohe Energieverluste.
  • Fensterläden und Storen: Öffnen Sie tagsüber die Fensterläden oder Storen, um die Sonne hereinzulassen und so zusätzliche Wärme für Ihr Haus zu gewinnen. In der Nacht dagegen sollte man sie schliessen, um die Wärme im Gebäude zu halten.
  • Heizkörper: Damit ein Heizkörper (z. B. ein Radiator) die Wärme möglichst gut abgeben kann, muss die Luft um ihn herum frei zirkulieren können. Deshalb sollten Sie den Heizkörper nicht abdecken oder hinter Möbeln oder Vorhängen verstecken.

Gap erfolgreich reduziert

Frühsommer 2021. Hannes und Heidi, unser Paar mit dem Performance Gap, prüfen ein Jahr später erneut die Heizabrechnung. Im vergangenen Winter haben sie die Hinweise ihres Heizungsfachmanns umzusetzen versucht. Sie haben jeweils kurz und intensiv gelüftet, auf Anpassungen der Raumtemperatur verzichtet und darauf geachtet, bei Sonnenschein die Storen zu öffnen. Das hat sich gelohnt, denn der Wärmeverbrauch hat sich gegenüber dem Vorjahr deutlich reduziert und liegt nun in jenem Bereich, den die Fachleute in der Planung berechnet hatten. Familie Huber-Hugentobler nimmt sich vor, auch in Zukunft diszipliniert zu bleiben und den Wärmeverbrauch tief zu halten. Schliesslich wollen sie für das Heizen nicht mehr bezahlen, als sie ursprünglich einkalkuliert hatten.