Vorsorgen

AHV-Reform: Das wären die Folgen

von Simon Tellenbach

Finanzexperte beim VZ VermögensZentrum

Am 25. September stimmen wir über die AHV-Reform ab. Ihre politisch umstrittenste Massnahme: Das Rentenalter der Frauen soll schrittweise auf 65 Jahre erhöht werden. Dafür erhalten die Frauen der Übergangsgeneration Kompensationszahlungen. Wird die Reform angenommen und tritt sie 2024 in Kraft, wären das die Frauen der Jahrgänge 1961 bis 1969.

Die Frauen der Übergangsgeneration wählen dabei zwischen zwei Optionen: Entweder arbeiten sie einige Monate länger. Dafür erhalten sie einen lebenslangen Zuschlag auf ihre Rente von maximal 160 Franken im Monat. Oder sie gehen doch mit 64 Jahren (oder früher) in Pension. Ihre Renten werden gekürzt, aber weniger stark, als es heute bei einem Vorbezug der AHV-Rente üblich ist.

Die AHV ist komplex

Wie meistens bei der AHV ist es aber nicht ganz einfach zu verstehen, wie hoch die Renten ausfallen würden. Deshalb hat das VZ in einer Studie ermittelt, mit welchen Renten die Frauen der Übergangsgeneration konkret rechnen können. Ein Beispiel aus der Studie hilft, die Reform besser zu verstehen: Eine Frau wurde 1964 geboren. Wird die Reform angenommen, müsste sie neu bis 65 arbeiten. Sie kann wählen:

Option 1 Sie arbeitet bis zum neuen Rentenalter, also ein Jahr länger, als sie ursprünglich geplant hatte. Dafür erhält sie den vollen Rentenzuschlag. Wie viel das sind, hängt wiederum von ihrem durchschnittlichen Jahreseinkommen ab. Kommt sie zum Beispiel auf 60 000 Franken, erhält sie 100 Franken Zuschlag – Monat für Monat und ein Leben lang (siehe Tabelle oben).

Option 2 Oder die Frau entscheidet sich, trotz der Reform mit 64 in Pension zu gehen. Sie arbeitet also ein Jahr weniger, als sie aufgrund der Reform neu müsste. Wegen dieses Vorbezuges wird ihre Rente leicht (respektive bei geringem Einkommen gar nicht) gekürzt (siehe Tabelle oben).

Die Reform hätte nicht nur für die Frauen der Übergangsgeneration grosse Auswirkungen. Aufgrund der Erhöhung der Mehrwertsteuer würden die Konsumenten zur Kasse gebeten. Von der Reform wären auch alle betroffen, die in Zukunft eine AHV-Rente beziehen werden. Das müssen sie wissen:

Neu könnte man zuerst nur einen Teil der AHV-Rente (20 bis 80 Prozent) beziehen und den Rest aufschieben (Teilrentenaufschub). Auch ein Teilrentenvorbezug wäre möglich. Bei einem Aufschub gäbe es Zuschläge, bei einem Vorbezug Kürzungen. Das soll es einfacher machen, Schritt für Schritt statt auf einen Schlag in Pension zu gehen.

Für alle, die über das Pensionierungsalter weiterarbeiten wollen, gibt es heute ein Problem: Sie bezahlen zwar AHV-Beiträge, erhalten dadurch aber keine höhere Rente. Die Reform soll das korrigieren. Neu könnten Beitragslücken auch nach dem Pensionierungsalter geschlossen oder die Rente erhöht werden.

Was viele nicht wissen: Die Reform (erste Säule) hätte auch Auswirkungen auf die berufliche Vorsorge (zweite Säule):

Viele Pensionskassen ermöglichen bereits heute freiwillig Teilpensionierungen. Neu wäre diese Möglichkeit gesetzlich vorgeschrieben, und die Versicherten hätten das Recht, sich in maximal drei Schritten teilpensionieren zu lassen.

In Zukunft könnte es schwieriger werden, seine Freizügigkeit aufzuschieben. Das, wenn der Bundesrat, wie in der Botschaft zur AHV-Reform angekündigt, die Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge entsprechend anpasst: Der Bezug von Freizügigkeitsguthaben dürfte dann nur über das Pensionierungsalter hinaus aufgeschoben werden, wenn die Erwerbstätigkeit weitergeführt wird. Die von dieser Änderung Betroffenen müssten teilweise mehr Steuern bezahlen. Ob der Bundesrat die Verordnung tatsächlich so überarbeitet und wann die Änderung genau in Kraft treten würde, steht derzeit noch nicht fest.

Die politisch umstrittenste Massnahme der AHV-Reform: Das Rentenalter der Frauen soll schrittweise auf 65 Jahre erhöht werden.

Das bedeutet die Reform für eine Frau mit Jahrgang 1964

Annahmen: Keine Beitragslücken, Renten nach der aktuell gültigen Rententabelle (2021) berechnet, Reform tritt 2024 in Kraft; alle Angaben in Franken und pro Monat.

Durch-
schnittliches
Jahres-
einkommen

Heutige Rente
(ohne AHV-Reform)
bei Bezug mit 64

Option 1
(mit AHV-Reform):
Rente bei Bezug mit 65

Option 2
(mit AHV-Reform):
Vorbezug ein Jahr früher
(mit 64)
 unver-
heiratet
ver-
heiratet
unver-
heiratet
ver-
heiratet
unver-
heiratet
ver-
heiratet

24 000

1412

1412

1572 (1412 + 160)

1572 (1412 + 160)

1412

1412

60 000

2046

1793

2146 (2046 + 100)

1893 (1793 + 100)

1995

1749

75 000

2256

1793

2306 (2256 + 50)

1843 (1793 + 50)

2178

1731

Quelle Berechnungen vom VZ